Softwarerecht: CJCH Solicitors wegen unlizenzierter Nutzung der Software "SOLIDWORKS"
Inhalt des Schreibens / Email der Dassault Systèmes SolidWorks Corporation wegen angeblich unlizenzierter Nutzung der Software „SOLIDWORKS“
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Uns liegen Schreiben der Kanzlei CJCH Solicitors aus Cardiff vor, das die nicht genehmigte Nutzung einer Software betrifft.
Als Mandantin wird die Dassault Système SolidWorks Corporation („DSSC“), 175 Wyman Street, Waltham, Massachusetts, USA, genannt.
Die Schreiben beziehen sich auf verschiedene von DSSC lizenzierte Softwareprodukte, darunter SOLIDWORKS und die SOLIDWORKS Simulationsreihe, SOLIDWORKS Composer sowie SOLIDWORKS Produktdatenmanagement, die im Folgenden als „die Software“ bezeichnet werden.
CJCH führt aus, dass ihre Mandantin DSSC die Rechte an der Software besitzt, die gewerblichen Schutz genießen soll. Es wird behauptet, dass die Software ohne die erforderliche Lizenz verwendet worden sei, was darauf hindeuten könnte, dass sie ohne Genehmigung von DSSC oder einem autorisierten Vertriebspartner genutzt wurde.
DSSC fordere demnach die Offenlegung von Informationen, um den Schaden gemäß § 101 UrhG zu berechnen und beziffern zu können sowie Schadensersatz nach § 97 UrhG geltend zu machen zu wollen.
Eine Frist zur Stellungnahme wurde gesetzt, und es wurde die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme zwischen CJCH und dem angeschriebenen Unternehmen angeboten, um das angebliche Problem zu lösen.
„Wer in gewerblichem Ausmaß das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse in Anspruch genommen werden. Das gewerbliche Ausmaß kann sich sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus der Schwere der Rechtsverletzung ergeben.“ (§101 Absatz I URHG)
„Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden.
Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte.
Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.“ (§97 Absatz II URHG; Hervorhebungen nicht im Original)
Rechtlicher Hintergrund zum Schreiben / E-mail der Dassault Systèmes SolidWorks Corporation wegen unlizenzierter Nutzung der Software „SOLIDWORKS“
Um Ansprüche aus dem Urheberrecht geltend zu machen, muss in erster Linie ein Werk im Sinne des § 2 UrhG vorliegen. Eine Software stellt nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG eben ein solches geschütztes Computerprogramm und somit ein Werk dar. Ebenfalls hat die Rechtsprechung die Urheberrechtsfähigkeit eines Computerprogrammes bestätigt.
„Computerprogramme gehören zum Bereich der Wissenschaft i. S. des § 1 UrhRG und sind daher dem Urheberrechtsschutz grundsätzlich zugänglich. In Betracht kommt – je nachdem, ob eine (Symbol) sprachliche oder eine graphische Darstellung verwendet wird – ein Schutz als Schriftwerk (§ URHG § 2 URHG § 2 Absatz I Nr. 1 UrhRG) oder als Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art (§2 Absatz I Nr. 7 UrhRG).“ (BGH, Urteil vom 09.05.1985 – I ZR 52/83; NJW 1986, 192)
Zu den Anforderungen des Werkcharakters und der persönlichen geistigen Schöpfung entschied der BGH:
„Computerprogramme und ihre Vorstufen können grundsätzlich auch die für die Urheberrechtsschutzfähigkeit nach § 2 Absatz II UrhRG erforderliche persönliche geistige Schöpfung aufweisen. In den einzelnen Programmierungsphasen werden vom Systemanalytiker oder Programmierer Leistungen geistiger Art erbracht.
Der geistige Gedankeninhalt findet seinen Niederschlag und Ausdruck in der Gedankenformung und -führung des dargestellten Inhalts und/oder der besonders geistvollen Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffs.
[…] Für den Urheberrechtsschutz von Computerprogrammen und ihren Vorstufen kommt danach nur die Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des Materials in Betracht.
In diesem Bereich besteht ein hinreichender Spielraum für individuelle, eigenschöpferische Lösungsmöglichkeiten, und zwar in allen drei Entwicklungsphasen. Für die Problemanalyse, den Datenflußplan und Programmablaufplan ist dies heute überwiegend anerkannt.“ (BGH, Urteil vom 09.05.1985 – I ZR 52/83; NJW 1986, 192, Hervorhebungen nicht im Original)
Sobald die Software den Werkcharakter erfüllt, richtet sich der Schutz nach dem § 69a UrhG. Dem Rechteinhaber steht es grundsätzlich frei im Rahmen einer Lizenzvereinbarung die Nutzungsrechte nach § 31 UrhG an einen Lizenznehmer einzuräumen.
Es besteht die Möglichkeit ein einfaches oder ausschließliches Nutzungsrecht einzuräumen. Das einfache Nutzungsrecht kann an mehrere Lizenznehmer eingeräumt werden, wohingegen das ausschließliche Nutzungsrecht nur an einen Lizenznehmer übertragen werden kann.
Eine Software welche ohne das Einverständnis des Rechteinhabers genutzt, verbreitet oder vervielfältigt wird, kann der Rechteinhaber Ansprüche nach dem UrhG geltend machen. Dabei kommen Schadenersatzansprüche nach § 97 Abs. 2 UrhG in Betracht.
Sobald eine Software den Werkcharakter gemäß § 69a UrhG erfüllt, unterliegt sie dem Schutz des Urheberrechts. Der Rechteinhaber hat dann die Möglichkeit, im Rahmen einer Lizenzvereinbarung Nutzungsrechte nach § 31 UrhG zu vergeben. Dabei kann er wählen, ob er ein einfaches oder ein ausschließliches Nutzungsrecht einräumt. Ein einfaches Nutzungsrecht ermöglicht es mehreren Lizenznehmern, die Software zu nutzen, während ein ausschließliches Nutzungsrecht einem einzigen Lizenznehmer vorbehalten ist.
Wird die Software ohne Zustimmung des Rechteinhabers verwendet, vervielfältigt oder verbreitet, kann dieser rechtliche Schritte nach dem Urheberrechtsgesetz einleiten. Hierbei kommen insbesondere Schadensersatzansprüche gemäß § 97 Abs. 2 UrhG in Betracht.
Zur Bestimmung der Schadenshöhe gibt es verschiedene Methoden: Einerseits kann der tatsächlich entstandene Schaden herangezogen werden (§ 97 Abs. 2 S. 1 UrhG), andererseits kann auch der durch die Verletzung erzielte Gewinn des Verletzers berücksichtigt werden (§ 97 Abs. 2 S. 2 UrhG).
Alternativ kann der Schadensersatz nach der sogenannten Lizenzanalogie bemessen werden (§ 97 Abs. 2 S. 3 UrhG), wobei der Betrag in der Regel zugrunde gelegt wird, der für eine ordnungsgemäße Lizenzierung hätte entrichtet werden müssen.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass eine nachträgliche Lizenzierung bestehende Unterlassungsansprüche nicht entfallen lässt und diese weiterhin geltend gemacht werden können. Die Schadensberechnung im Rahmen der Lizenzanalogie wurde unter anderem vom Oberlandesgericht Frankfurt entschieden.
„Die Kl. hat als Grundlage für die Schadensberechnung die Methode der Lizenzanalogie gewählt. Hierbei wird zur Berechnung des Schadens der Abschluss eines Lizenzvertrags zu angemessenen Bedingungen fingiert.
Im Rahmen der Lizenzanalogie gelten als angemessen Lizenzgebühren, die verständige Vertragspartner vereinbart hätten. […] Zu berücksichtigen sind dabei Dauer, Art, Ort und Umfang der Verletzungshandlung, wie auch der Wert des verletzten Ausschließlichkeitsrechts.“ (OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 16.12.2014 – 11 U 27/14; GRUR-RR 2015, 233, Hervorhebungen nicht im Original)
Einordung des Schreibens der Email der Dassault Système SolidWorks Corporation wegen unlizenzierter Nutzung der Software „SOLIDWORKS“
Das vorliegende Schreiben der DSSC ist keine „klassische“ Abmahnung.
Wesentliches Merkmal einer klassischen Abmahnung, die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, fehlt. Nach der Rechtsprechung des BGH dient diese Erklärung dem Zweck, die Wiederholungsgefahr eines Verstoßes auszuräumen.
Es wurde zudem festgestellt, dass auch andere Unternehmen ähnliche Schreiben von SISW erhalten haben. Obwohl SISW grundsätzlich den Eindruck erweckt, an einer außergerichtlichen Einigung interessiert zu sein, sollte das Schreiben sorgfältig ggf. durch einen Anwalt geprüft werden, bevor darauf reagiert wird.
Insbesondere die Höhe des Schadensersatzes sollte auf ihre Angemessenheit hin durch einen im IT-Recht bzw. Urheberrecht spezialisierten Anwalt vor jeder Reaktion überprüft werden und eine Strategie zum Vorgehen besprochen werden.
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