Softwarerecht: Siemens Industry Software GmbH wegen unlizenzierter Nutzung der Software „Solid Edge“

Inhalt des Schreibens der Siemens Industry Software GmbH wegen angeblich unlizenzierter Nutzung der Software „Solid Edge“

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Die Siemens Industry Software GmbH (SISW) weist in ihrem Schreiben darauf hin, dass sie dafür verantwortlich ist, sicherzustellen, dass ihre Software gemäß den geltenden Lizenzbedingungen und den Urheberrechtsgesetzen verwendet wird.

SISW gibt in Ihrem Schreiben an, Hinweise erhalten zu haben, dass auf einem Rechner im Firmennetzwerk des betroffenen Unternehmens unlizenzierte Software von SISW installiert wurde. Es werden spezifische Rechnerdaten wie E-Mail-Domain, Hostname und MAC-Adresse angegeben, die den Rechner und das Unternehmen identifizieren sollen.

SISW fordert das Unternehmen auf, die unlizenzierte Software innerhalb einer festgelegten Frist zu entfernen, und versicherte in dem uns vorliegenden Fall in einem anschließenden Telefonat, dass der Konflikt durch die Entfernung angeblich beigelegt wäre. Das Unternehmen hatte dieser Aufforderung von SISW Folge geleistet und die Software deinstalliert. SISW verlangte anschließend eine Bestätigung der Deinstallation.

Angebot zur außergerichtlichen Einigung nach Lizenzverstoß

Nach der Entfernung erhielt das Unternehmen ein weiteres Schreiben von SISW, in dem klargestellt wird, dass bereits der Besitz unlizenzierter Software strafbar ist und aus der Antwort des Unternehmens die per eMail an SISW erfolgte hervorging, dass die Software tatsächlich installiert war.

SISW zeigt sich an einer außergerichtlichen Einigung interessiert, folglich bot die SISW die Möglichkeit an die angeblichen Ansprüche im Rahmen einer Nachlizenzierung, die sich nach einem relativ hohem Kaufpreis und den Wartungskosten richte, zu erledigen. Es habe jedoch auch die Bereitschaft bestanden, über alternative Beträge zu verhandeln. Eine Frist zur außergerichtlichen Einigung wurde gesetzt.

Rechtlicher Hintergrund zum Schreiben der Siemens Industry Software GmbH für die unlizenzierter Nutzung der Software „Solide Edge“

Für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Urheberrecht, muss zunächst ein Werk im Sinne des § 2 UrhG vorliegen. Eine Software kann ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG geschütztes Computerprogramm und somit ein Werk darstellen. Auch die Rechtsprechung hat die Urheberrechtfähigkeit von Computerprogrammen bestätigt.

„Computerprogramme gehören zum Bereich der Wissenschaft i. S. des § 1 UrhRG und sind daher dem Urheberrechtsschutz grundsätzlich zugänglich. In Betracht kommt – je nachdem, ob eine (symbol) sprachliche oder eine graphische Darstellung verwendet wird – ein Schutz als Schriftwerk (§ URHG § 2 URHG § 2 Absatz I Nr. 1 UrhRG) oder als Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art (§2 Absatz I Nr. 7 UrhRG).“ (BGH, Urteil vom 09.05.1985 – I ZR 52/83; NJW 1986, 192)

Zu den Anforderungen des Werkcharakters und der persönlichen geistigen Schöpfung entschied der BGH:

„Computerprogramme und ihre Vorstufen können grundsätzlich auch die für die Urheberrechtsschutzfähigkeit nach § 2 Absatz II UrhRG erforderliche persönliche geistige Schöpfung aufweisen. 

In den einzelnen Programmierungsphasen werden vom Systemanalytiker oder Programmierer Leistungen geistiger Art erbracht. Der geistige Gedankeninhalt findet seinen Niederschlag und Ausdruck in der Gedankenformung und -führung des dargestellten Inhalts und/oder der besonders geistvollen Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffs. […] 

Urheberrechtsschutz von Computerprogrammen

Für den Urheberrechtsschutz von Computerprogrammen und ihren Vorstufen kommt danach nur die Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des Materials in Betracht. In diesem Bereich besteht ein hinreichender Spielraum für individuelle, eigenschöpferische Lösungsmöglichkeiten, und zwar in allen drei Entwicklungsphasen. 

Für die Problemanalyse, den Datenflußplan und Programmablaufplan ist dies heute überwiegend anerkannt.“ (BGH, Urteil vom 09.05.1985 – I ZR 52/83; NJW 1986, 192, Hervorhebungen nicht im Original)

Gemäß § 69a UrhG ist Software urheberrechtlich geschützt. Der Rechteinhaber kann Nutzungsrechte gemäß § 31 UrhG einräumen, entweder als einfaches oder ausschließliches Nutzungsrecht.

Wird Software ohne Zustimmung des Rechteinhabers genutzt, verbreitet oder vervielfältigt, kann dieser Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG verlangen.

Der Schadensersatz kann sich nach dem tatsächlichen Schaden, dem Gewinn des Verletzers oder der Lizenzanalogie richten, bei der die hypothetische Lizenzgebühr herangezogen wird.

Eine nachträgliche Lizenzierung hebt bestehende Unterlassungsansprüche jedoch nicht auf.

Zu der Angemessenheit im Rahmen der Lizenzanalogie entschied beispielsweise das OLG Frankfurt:

„Die Kl. hat als Grundlage für die Schadensberechnung die Methode der Lizenzanalogie gewählt. Hierbei wird zur Berechnung des Schadens der Abschluss eines Lizenzvertrags zu angemessenen Bedingungen fingiert. 

Im Rahmen der Lizenzanalogie gelten als angemessen Lizenzgebühren, die verständige Vertragspartner vereinbart hätten. […] Zu berücksichtigen sind dabei Dauer, Art, Ort und Umfang der Verletzungshandlung, wie auch der Wert des verletzten Ausschließlichkeitsrechts.“ (OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 16.12.2014 – 11 U 27/14; GRUR-RR 2015, 233, Hervorhebungen nicht im Original

Die Bewertung des Schreibens der Siemens Industry Software GmbH hinsichtlich der unautorisierten Nutzung der Software „Solid Edge“

Das vorliegende Schreiben der Siemens Industry Software GmbH (SISW) ist keine „klassische“ Abmahnung und stammt auch nicht von einer Kanzlei.

Wesentliches Merkmal einer klassischen Abmahnung, die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, fehlt. Nach der Rechtsprechung des BGH dient diese Erklärung dem Zweck, die Wiederholungsgefahr eines Verstoßes auszuräumen.

Vorsicht bei Lizenzforderungen

Es wurde zudem festgestellt, dass angeblich auch andere Unternehmen ähnliche Schreiben von SISW erhalten haben sollen. Obwohl SISW grundsätzlich den Eindruck erweckt, an einer außergerichtlichen Einigung interessiert zu sein, sollte ein solches Schreiben sorgfältig geprüft werden, bevor darauf reagiert wird. 

Insbesondere die Höhe des Schadensersatzes auf Grundlage der Lizenzanalogie sollte auf ihre Angemessenheit hin überprüft werden. Bei Erhalt eines solchen Schreibens ist es ratsam, einen auf IT-Recht bzw. Urheberrecht spezialisierten Anwalt hinzuzuziehen.

Rechtliche Aspekte bei der Nutzung von Siemens Industry Software

Immer häufiger treten Fälle auf in denen Unternehmen mit Ansprüchen wegen angeblich unlizenzierter Software konfrontiert werden. Insbesondere die Siemens Industry Software GmbH verfolgt eine stringente Strategie zur Durchsetzung ihrer Lizenzrechte.

Risikofaktoren bei der Nutzung von Industriesoftware im Bereich des Product Development Process

Unternehmen setzen im modernen Product Development Prozess zunehmend auf spezialisierte Softwarelösungen für die mechanischen und elektrisches Designs (engl. mechanical and electrical design`s). Die Komplexität der Lizenzbestimmungen führt jedoch nicht selten zu unbeabsichtigten Verstößen gegen das Urheberrecht.

Die Bedeutung korrekter Softwarelizenzierung

Verschiedene Software Produkte von Siemens insbesondere Solid Edge, erfordern eine präzise Lizenzierung. Viele Unternehmen unterschätzen die rechtlichen Konsequenzen einer nicht ordnungsgemäßen Nutzung dieser Produkte nicht.

Vorgehensweise der Siemens bei Verdachtsfällen

Erhält die Siemens Industry Software GmbH Hinweise auf unlizenzierte Installationen, werden betroffene Unternehmen zunächst mit konkreten technischen Daten konfrontiert welche die Identifizierung des betreffenden Rechners ermöglichen sollen.

Maßnahmen nach Erhalt eines Abmahnschreibens

Nach Erhalt eines entsprechenden Schreibens empfiehlt sich die umgehende Deinstallation der betreffenden software. Allerdings sollte beachtet werden, dass bereits die Installation ohne gültige Lizenz als Urheberrechtsverletzung gewertet werden kann.

Konsequenzen bei nachgewiesener Urheberrechtsverletzung

Die außergerichtliche Einigung mit der Siemens Industry Software GmbH führt meist zu erheblichem finanziellen Aufwand. Der geforderte cost für die Nachlizenzierung orientiert sich häufig am regulären Kaufpreis zuzüglich entgangener Wartungsgebühren.

Technologische Hintergründe von Solid Edge

Solid Edge gehört zu den führenden Lösungen im Bereich 3D CAD und bietet umfangreiche Softwarelösungen für den gesamten Produktentwicklungsprozess weshalb die Software besonders wertvoll und entsprechend lizenzrechtlich geschützt ist.

Mit Technologien wie die „synchronous technology“ oder auch das „direct modeling“ ermöglicht Solid Edge einen flexiblen Konstruktionsansatz. Die innovativen Solid Edge tools steigern die Produktivität erheblich und bieten den Ingenieuren zahlreiche Vorteile.

Die klassische Entwicklungsumgebung Solid Edge Classic wird von vielen etablierten Konstrukteuren nach wie vor bevorzugt, da sie einen vertrauten Arbeitsablauf bietet und sich ideal für parametric design Aufgaben eignet bei denen die präzise Kontrolle über geometrische Zusammenhänge entscheidend ist.

Das complete portfolio von Siemens umfasst neben den klassischen 3D design Funktionen auch spezialisierte Module für „sheet metal“, „electrical routing“ und „additive manufacturing“ wodurch die Produktivität der Unternehmen enorm steigt 

Die fortschrittlichen pcb collaboration ermöglichen eine nahtlose Zusammenarbeit zwischen Mechanik- und Elektronikentwicklern, wodurch die Integration von Leiterplatten in mechanische Baugruppen erheblich vereinfacht und Entwicklungszeiten verkürzt werden können.

Moderne Entwicklungsumgebungen wie Solid Edge bieten umfassende data management Lösungen, die den sicheren Umgang mit multi CAD data ermöglichen und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen optimieren.

Die fortschrittlichen product development tools von Siemens steigern die Effizienz im Entwicklungsprozess erheblich. Unternehmen arbeiten durch die intelligenten Funktionen deutlich effizienter.

Mit dem sogenannten „generative modeling“ und dem „reverse engineering“ Funktionen blickt Siemens in die Zukunft der Produktentwicklung. Die Point cloud visualization ermöglicht eine nahtlose Integration von Scan-Daten in den Konstruktionsprozess.

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